Katharina Lippold:
Berliner Terrakottakunst des 19.
Jahrhunderts
Die Berliner Terrakottakunst, eine Vermählung von Norddeutscher
Backsteinarchitektur mit italienischem Kunstsinn, hat ihre großen
künstlerischen Initiatoren in dem Architekten Karl Friedrich
Schinkel und dem Bildhauer Christian Daniel Rauch. Die erste
herausragende Werkstatt entsteht, nach holländischer
Entwicklungshilfe im 17. und 18. Jahrhundert, in der Ofen- und
Tonwarenfabrik des Töpfers Johann Gottfried Höhler und seines
Mitarbeiters Tobias Christoph Feilner, der später als „Vater“ des
Berliner Kachelofens gilt, und der zusammen mit Schinkel die
preußische Terrakottakunst begründet.
In den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts verdrängt der von dem
Architekten Friedrich August Stüler geförderte Ernst March seinen
ehemaligen Meister Feilner in der Produktion von Baukeramiken vom
ersten Platz. Der Aufstieg seines Charlottenburger Betriebes hält
über mehr als 50 Jahre ungebremst an und nimmt erst in der dritten
Generation 1899, nach einer Brandkatastrophe, unter Albert March ein
dramatisches Ende.
Berühmte Schinkelbauten, die die innige Verbindung von Architektur
und Kunsttöpferei bezeugen, wie das Palais Redern, das Feilnerhaus
oder die Bauakademie, sind nur noch in Abbildungen und Museumsresten
zu betrachten. Doch die gut zu lesende und schön illustrierte Arbeit
von Katharina Lippold weist nach, dass auch das heutige Stadtbild
Berlins noch reich ist an Keramiken aus dieser baukünstlerisch
fruchtbaren Zeit. Die schönsten Beispiele finden sich unter den
zahlreichen Kirchenbauten von Schinkel und Stüler, am Postfuhramt,
am Roten Rathaus oder am Martin-Gropius-Bau. Auch an der gewaltigen
Zahl von Schulen, Krankenhäusern und Markthallen, die unter dem
Stadtbaurat Hermann Wilhelm Albert Blankenstein entstanden, lässt
sich noch manche schöne Baukeramik entdecken. Außerhalb der Stadt
sind vor allem die Potsdamer Park- und Villenlandschaft und das
Schloss und der Park Branitz des Fürsten von Pückler-Muskau reich an
kunstvollen Terrakotta-Arbeiten aus Feilner’scher und March’scher
Produktion.
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