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                  R E Z E N S I O N E N





  

Joseph Roth:

"Ich zeichne das Gesicht der Zeit"

Essays - Reportagen - Feuilletons

Herausgegeben und kommentiert von Helmuth Nürnberger

 

Zur Biographie Joseph Roths (1894-1939) – er wurde im damals noch zur Österreichisch-Ungarischen Monarchie gehörigen, galizischen Brody geboren – gibt es widersprüchliche Angaben. Besonders seinen eigenen Aussagen ist dabei nicht immer zu trauen. Als Soldat will er die zweimalige Wiedergewinnung Lembergs erlebt haben, das tatsächlich nur einmal, und zwar vor Roths Zeit als Soldat, zurückerobert worden war. Dieser für den Lebenslauf des Schriftstellers eigentlich unwichtige Umstand fügt sich in die künstlerische Inszenierung seiner Person und seiner Heimat ein. Der Herausgeber bezeichnet Roth als Mythomanen und er selbst bezeichnet sein Schreiben als subjektiv – Alles wird bei mir persönlich –  und schließt die Wahrnehmung der geschichtlichen Abläufe bewusst in diese intuitive Erfahrungsweise mit ein.
Bekannt ist Roth heute vor Allem für seine Romane wie Radetzkymarsch, Die Geschichte von der 1002. Nacht und Hiob. Die hier vorliegende Ausgabe von ausgewählten Texten würdigt das Tagesgeschäft des Schriftstellers, den Kommentar, die verblüffende Weitsichtigkeit und Treffsicherheit in politischen und gesellschaftlichen Fragen.
Den Reiz dieser Schriften macht darüber hinaus die Sprache aus. Die künstlerische Gestaltung seiner journalistischen Arbeiten schätzen Bewunderer noch vor den Romanen. Dieser Hang zum Übertreiben und Erfinden von Realitäten erschafft einen Freiraum, in dem den Dichter  traumwandlerisch sicher Inhalte erfasst und seinem Publikum zugänglich macht.
Über die Gefahr, die für ihn als Juden und auch als Schriftsteller und für alle anderen vom Nationalsozialismus ausging, war er sich früh im Klaren. Mit der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler emigrierte er 1933 nach Paris. Während seines Aufenthalts in Moskau, 1926, sah er auch den anderen Schrecken, den Stalinismus, voraus.
Ebenso wenig wie man seine journalistischen Arbeiten mit Attributen wie wahr oder falsch belegen kann, lässt sich Roth einer politischen Strömung zuordnen. Außer Frage steht aber sein Engagement, sein Bekenntnis, das er, teils historisch falsch oder persönlich ungerecht, voller Inbrunst verteidigte und als seinen notwendigen Beitrag für eine bessere Welt ansah. Der Hochmut, den man ihm hin und wieder unterstellte und die Trunksucht an der er litt, sind sekundäre Merkmale für einen Verfechter der existentiellen Freiheit des Wortes.
Die chronologisch geordnete Auswahl ist ein Querschnitt durch Roths journalistisches Schaffen. Themen sind die k.u.k.-Monarchie, die Ostjuden, Reiseberichte, die Zeit in Berlin in den Zwischenkriegsjahren, der aufkommende Kommunismus und die Schreckensdiktatur der Faschisten. Ein Anmerkungsteil versetzt den Leser in die Lage, die nicht mehr selbstverständlichen Umstände der Texte nachzuvollziehen und der ausführliche Anhang des Herausgebers eröffnet einen humorvollen und bewundernden Blick auf das Leben und Schaffen des Dichters. (hkl)

 

 
     
 
 

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