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Berlinführer (mit Brandenburg) -  Kunst und Architektur -  Belletristik -  Zeitgeschichte

 

                  R E Z E N S I O N E N




 

Iris Berndt:


Märkische Ansichten.
Die Provinz Brandenburg im
Bild der Druckgraphik 1550-1850



Es ist ein eigenes Vergnügen mit Hilfe dieser Märkischen Ansichten die Entwicklung umzukehren. Die längst vertrauten Berliner Stadtbezirke verwandeln sich wieder in kleine märkische Dörfer und ziehen sich in die Naturlandschaft vor der Stadt zurück: Tempelhof an den Fuß seiner Berge oder das Dörfchen Stralau auf das jenseitige Spreeufer. Eine wunderschöne Radierung lässt den Betrachter Dorf und Kirche hinter der mächtigen Gestalt einer Weide am Treptower Ufer auf der anderen Flussseite gerade noch ahnen.
Stralau gehört mit seiner hübschen Dorfkirche zu den häufig gedruckten Einzeldarstellungen, motivtypisch für die hier vorgestellten Druckgraphiken aus drei Jahrhunderten ist es aber nicht. Das sind vor allem Stadtansichten und in etwas geringerem Umfang Ansichten der großen Schloss- und Gartenanlagen. Erst später kommen Dorfidyllen und weniger arrangierte Landschaftsmotive hinzu und, wenn auch in deutlich kleinerer Zahl, Manufaktur- und Industriedarstellungen. So zeigt eine anonyme, nach einer Vorlage von Eduard Gaertner entstandene Lithographie die Töpferei von E. March und dokumentiert damit die Anfänge der Charlottenburger Töpfer- und Architektendynastie.
Weit ungewöhnlichere Motive brachte das Revolutionsjahr 1848 hervor: ein Holzstich zeigt vor der rückwärtigen Ansicht der Diakonissen-Anstalt Bethanien im heutigen Kreuzberg schießende Polizisten und einen Arbeiterkrawall und ein anderes Blatt die Mißhandlung der Demokraten in Charlottenburg in der Berliner Straße vor der Verlagsbuchhandlung Bauer durch Milizionäre.
In der Einleitung macht die Autorin deutlich, dass die Ansichten aus einem integrierten, künstlerischen, handwerklichen und geschäftlichen Prozess hervorgehen. An ihm sind Maler, Zeichner und Architekten, Radierer, Lithographen und Drucker, Holz-, Kupfer- und Stahlstecher, Verleger, Buchhändler und Kunsthändler beteiligt. So sind die Maler und Zeichner der Vorlagen oft  namhafte Künstler und Architekten, wie Antoine Pesne und Carl Blechen, Johann Gregor Memhardt, Karl Friedrich Schinkel oder Ludwig Persius. Unter den Verlegern finden sich auch heute noch gekannte Namen wie Haude und Spener, Carl Friedrich Amelang oder die berühmte Verlegerfamilie Merian. Eher selten ist das Beispiel Daniel Chodowieckis, der Zeichner, Radierer, Kupferstecher und Verleger in einem war, seinen im Katalog abgebildeten Frühlingstag auf der Dorfpfarre Mittags in Werneuchen aber von Johann Friedrich Bolt in Kupfer stechen ließ.
Der alphabetisch, nach Ortsnamen geordnete Katalog verzeichnet 1930 Ansichtenblätter oder Veduten; davon sind nahezu 900 schwarzweiß abgebildet. In der Mitte des fast 500-seitigen Bandes sind 40 Seiten mit Farbtafeln eingefügt worden. Karten mit der Kreiseinteilung der Provinz Brandenburg von 1815/17 und des Potsdamer und Berliner Stadtgebietes mit Umgebung, ein Verzeichnis der Primärquellen und ein Künstler- und Verlegerregister machen den prachtvollen Band auch zu einem benutzerfreundlichen Nachschlagewerk.
              

 

 
     
 
 

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