Hans Stimman:
Stadthäuser.
Handbuch und Planungshilfe
DOM publishers,
2011
Statt
Wohnmaschine, Siedlungsbrei und sozialistischen Architekturutopien
fordert Hans Stimmann die Verteidigung der historischen
Stadtgrundrisse und damit die Kontinuität, Kohärenz und Konvention
des Städtischen. Die Baugeschichte des vergangenen Jahrhunderts
beschreibt der Autor als, mindestens seit den 20er Jahren,
„Verblassen des Alltagswissens um die Vielfalt städtischer Häuser“
- energiesparender, ökologischer und schöner Häuser.
Bauhaus und Neues Bauen, die Architektur der DDR sowieso, seien
mit all ihren klangvollen Architektennamen nur episodische
Verirrungen, die, im Zuge der Nachkriegsmoderne, in West- und
Ostberlin „Freilichtmuseen für Architekturtouristen“ entstehen
ließen, wie das Hansaviertel und die Karl-Marx-Allee, die
hochhausbebaute Fischerinsel oder das Kulturforum mit den
Philharmonien und der Staatsbibliothek.
Diese nachvollziehbare und durchaus verbreitete
architekturästhetische Einschätzung polarisierte die mit der Stadt
verbundenen Architekten und initiierte das, was als Berliner
Architekturstreit in die Medien eingegangen ist.
Spätestens seit der bunten Bebauung des Friedrichswerders wird die
Entwicklung im Berliner Baugeschehen als Renaissance des
Stadthauses empfunden. Der mit reichem Bildmaterial, mit
Grundrissen, Querschnitten und Ansichtsskizzen brillierende und
mit kurzen programmatischen Texten bestückte Band liest sich wie
das Vermächtnis des ehemaligen Senatsbaudirektors. Sein Plädoyer
für die Vielfalt des städtischen Hauses unterscheidet vier Typen,
die in zahlreichen Beispielen vorgestellt werden: Stadthäuser als
Ensembles, Stadthäuser als Reihenhäuser, Mehrfamilienhäuser in
Baulücken, Stadtvillen. Ein fünftes, als „Bauteilkatalog“
überschriebenes Kapitel, beschränkt sich auf das exemplarische
Abbilden von Fassaden, Eingängen, Wohnräumen, Küchen, Badezimmern,
Treppenhäusern und Außenbereichen.
Im Unterschied zur Architekturdiskussion des vergangenen
Jahrhunderts scheint die soziale Frage in den Betrachtungen
Stimmanns keine Rolle mehr zu spielen. Seine Absicht, mit diesem
Buch im Sinne des Architekturkritikers, Werner Hegemann, zur
Schulung des Auges des Betrachters beizutragen, dürfte aber ohne
Zweifel aufgehen und auch der Hinweis auf die Eignung der
IBA-Häuser von Hinrich und Inken Baller, Alvaro Siza, Rem
Kohlhaas, Peter Eisenman oder Aldo Rossi als Trainingsprogramm für
Architekten kündet von den städtebaulich-ästhetischen Vorlieben
des Autors.
|
|